Mais als Teil unserer Fruchtfolge - ein Versuch

Oh weh... Vermaisung jetzt auch bei uns in Rettmer? Warum der Mais eine tolle Pflanze ist - wenn man ihm die richtige Gesellschaft zur Seite stellt -, was unsere Hühner davon haben und was das Ganze auch noch mit Biodiversität und Bodenaufbau zu tun hat, darum geht es in diesem Artikel.

Bild Mais in weiter Reihe, Hacken und Drillen der Untersaat

Dieses Jahr bauen wir hier in Rettmer zum ersten Mal Mais an - und das gleich auf einem unserer größten Äcker (Laakfeld, neben dem Pilgerpfad). Aber wie immer bauen wir nicht einfach nur Mais an, sondern probieren mal wieder was aus - nämlich die "weite Reihe". Weite Reihe heißt, auf einem Viertel der Gesamtfläche wächst der Mais in doppeltem Reihenabstand (1,5m Abstand zwischen den Reihen, normal sind es nur 75cm). Dafür steht er in der Reihe etwa um 3/4 dichter. Warum? Zum einen wollen wir den Mais später an unsere Hühner verfüttern. Dafür brauchen wir schöne große und gut abgereifte Kolben. Je mehr Licht die Pflanzen bekommen, desto höher Qualität und Ertrag pro Pflanze (auch wenn die Anzahl der Pflanzen pro Quadratmeter etwas geringer ist als beim klassischen Anbau, bei dem 6,5 Pflanzen/qm wachsen). Durch die weite Reihe kommt das Licht bis unten ans letzte Blatt. Und das ist nicht nur gut für das Kolbenwachstum, sondern hilft auch dem Boden.


Bild von Maispflanzen Ende Juni

Wie Mais aus Sonne Zucker macht - und was der Boden davon hat

Wie viele andere Gräserarten auch ist der Mais eine sogenannte C4-Pflanze. Selbst unter trockenen, heißen Bedingungen haben diese Pflanzen eine sehr hohe Photosynthese-Leistung. Sie bringen also mehr Kohlenstoff (aus dem CO2 der Luft) in den Boden als "normale" Pflanzen. Einfach gesagt gibt der Mais die durch das Blattgrün eingefangene Sonnenenergie als Zuckerlösung (kohlehydrathaltiges Wurzelexsudat) an den Boden ab. Dort ernährt diese Lösung dann das Bodenleben: also Bakterien und Pilze, die im Gegenzug (Symbiose!) die Nährstoffe im Boden für die Maispflanze verfügbar machen.

Der Mais ist also eine echt tolle Pflanze - das wussten schon die Ureinwohner von Südamerika (Stichwort Milpa!). Allerdings funktioniert der ganze Mechanismus in Mais-Monokulturen nur bedingt. Was also tun?


Bild der artenreichen Saatgutmischung für die Untersaat

Humusaufbau durch Untersaat

Die Lösung heißt Untersaat, die wir diese Woche zwischen den schon gut gewachsenen Mais gedrillt haben.

Wir experimentieren dabei gemeinsam mit der DSV Saaten mit drei verschiedenen Mischungen aus Gräsern und Leguminosen, um herauszubekommen, von welcher Mischung sowohl die Maispflanze als auch unser Bodenleben am besten profitieren. Durch die Wurzelexsudate der Maispflanze kann das Bodenleben gut gedeihen und Nährstoffe aufschließen. So bilden Mais und Untersaat dichte, heterogene Wurzelsysteme aus. Die große Menge an "unterirdischer" Biomasse bindet Kohlenstoff im Humus des Bodens - ein zentraler Faktor beim Thema Bodenaufbau.

Sobald es blüht, haben wir hier außerdem auch noch ein vielfältiges Nahrungsangebot für Insekten und Vögel. In der artenreichsten der drei Mischungen ist unter Garantie für jeden was dabei: Koriander, Dill, Wegwarte, Phacelia, Lein, Leindotter, Petersilie, Weißklee, Inkarnatklee, Bockshornklee, Seradella, Kornrade und deutsches Weidelgras - auch hier ist Artenvielfalt drin, für mehr Biodiversität über und unter der Erde!


Bild Distel auf dem Maisacker
Bild Unkraut

Und was ist mit Pflanzenschutz?

Normalerweise braucht Mais in Monokulturen im Frühjahr zwei Herbizidmaßnahmen, um gegen Unkräuter bestehen zu können. Hier kann die Untersaat helfen, Herbizide zu reduzieren: Distel, Kartoffeldurchwuchs, Hirse und andere unerwünschte Pflanzen hat uns der Lohnunternehmer direkt beim Drillen der Untersaat mit der Hacke entfernt. Da der Regen der letzten Tage dem Saatgut ideale Startbedingungen verschafft hat, wird es gut auflaufen und dafür sorgen, dass Unkräuter kaum eine Chance haben. Wir gehen davon aus, dass wir mit gerade einmal der Hälfte Pflanzenschutzmittel auskommen, die beim Anbau ohne Untersaat üblich ist. Verläuft dieser erste Versuch erfolgreich, sind wir beim nächsten Mal bestimmt noch mutiger beim Reduzieren der Spritzmittel... Mit dem Mais-Untersaat-Mix hätten wir jedenfalls eine tolle Ergänzung zu unserer Fruchtfolge aus Kartoffeln, Getreide und Rübe, die unseren Hühnern als Futter dient und ganz nebenbei auch noch dem Boden gut tut.


Bild Acker Laakfeld

Ein Prinzip mit großem Mehrwert!

Natürlich funktioniert das Prinzip mit der Untersaat nicht nur in der weiten Reihe, sondern ganz allgemein. Darum haben wir Untersaat auf unserem gesamten Maisacker, also auch beim normalen Reihenabstand! Neben dem, was wir schon bei den anderen Bildern beschrieben hatten, gibt es noch einen weiteren positiven Effekt: Bei der Ernte bleiben die Pflanzen der Untersaat stehen. Ihre Biomasse und ihr Wurzelwerk sorgen im Herbst dafür, dass wir die Flächen gut mit den schweren Erntemaschinen befahren können. Außerdem halten sie auch nach der Ernte den Boden grün und bedeckt, sodass die wichtigen biologischen Prozesse (Photosynthese, Nährstoffaufschluss, Humusaufbau usw.) weitergehen können.


Bis zur Ernte ist es aber noch ein Weilchen hin. Und bis dahin erfreuen wir uns erstmal daran, dass der Mais nicht nur eine richtig gute, sondern zusammen mit der hoffentlich bald wachsenden und blühenden Untersaat auch noch eine richtig schöne Pflanze ist. Schauen Sie doch selbst mal: wenn Sie das nächste Mal aus Lüneburg Rettmer rausfahren, hinter der Siedlung am Pilgerpfad den Blick nach links - dort steht unser schöner Mais!