Es war einmal ein Blühstreifen

"Wo ist der Blühstreifen hin?" Das fragte uns neulich ein Spaziergänger, der bei uns in der Feldmark unterwegs war. Gut aufgepasst! Wir haben hier tatsächlich einen Blühstreifen aus dem F.R.A.N.Z.-Projekt umgebrochen, den wir 2017 angelegt hatten. Mehrjährige Blühstreifen helfen Insekten beim Überwintern, bieten Bodenbrütern Unterschlupf und Deckung und dienen mit ihrer großen Pflanzen-, Blüten- und Samenvielfalt als Nahrungsquelle für zahlreiche Tiere. Weil wir von ihrer positiven Wirkung überzeugt sind, haben wir bei uns viele solcher Blühstreifen - 12 Meter breit neben oder auch direkt auf dem Acker: Da fällt es natürlich auf, wenn hier plötzlich nackter Boden statt Wildwuchs zu sehen ist. Warum also haben wir den Blühstreifen auf dem Acker "Neuland" jetzt umgebrochen?

 


Weil wir Bäume pflanzen wollen - mal wieder, nur passt dieses Mal die Geometrie des Ackers nicht zu unserem Plan. Die Baumreihen sollen von Nord nach Süd verlaufen, also quer zur Hauptwindrichtung, damit sie den Wind brechen können. Damit das geht, müssen wir den Schlag künftig von Nord nach Süd bearbeiten, nicht wie bisher von Ost nach West. Das macht die Bearbeitung zugleich aber auch effizienter, weil wir auf dem Acker künftig länger geradeaus fahren können (statt bisher vieler kurzer Fahrten und häufiger Wenden). So sparen wir Zeit und Diesel und nebenbei wird auch noch das Vorgewende im Verhältnis zur Ackerfläche kleiner. Leider war für diesen Plan nun aber dieser Blühstreifen im Weg.

Und warum haben ihn nicht zu einem passenderen Zeitpunkt weggenommen? Weil es einfach nicht den richtigen Zeitpunkt gibt. Irgendetwas lebt, wächst, paart sich, nistet, brütet, überwintert immer und zu jeder Zeit des Jahres. Wir mussten jetzt handeln, da auf dem Acker rundherum schon das Getreide wächst und die ersten Bäume noch dieses Frühjahr gepflanzt werden sollen. Entscheidend ist weniger, wann man Leben auf einer Fläche (zer-)stört, sondern vielmehr ob es genug Leben auf benachbarten Flächen gibt. Vernetzte Biotope heißt das Stichwort, und davon haben wir über die Jahre reichlich auf den angrenzenden Flächen geschaffen: Am Nordende des Ackers Neuland zum Achterbruch hin liegt ein breiter Blühstreifen, etwas weiter eine Beetle Bank, westlich auf und neben der Brandwiese mehrere weitere Blühstreifen, ein blühendes Vorgewende und drei Agroforst-Baumreihen sowie rund herum Hecken und Waldränder. Künftig werden auf dem Acker Neuland sechs parallel verlaufende Baumreihen stehen, unter denen es blüht und die Teil unseres lebendigen Netzwerks sein werden. "Neuland" steht dabei nicht nur für den Namen der Ackerfläche, sondern auch für das Neuland, das wir hier mal wieder betreten: Noch nie haben wir Baumreihen so eng gepflanzt - nur 27m Abstand zueinander, was genau einer Arbeitsbreite unserer größten Maschine entspricht - und versprechen uns davon eine noch stärkere positive Wirkung auf das Mikroklima (Kühlwirkung, weniger trocken-heißer Wind im Sommer) und die Humusbildung auf dem Acker. Ob es funktioniert? Wir werden sehen - es bleibt auf jeden Fall spannend!