Direkt neben unserem Hühnerwald haben wir im November 2016 für einen ersten kleinen Versuch eines Agroforstsystems mitten auf dem Acker über 50 Pappeln gepflanzt. Die Idee für unseren ersten Pappelacker war gut, aber noch nicht perfekt umgesetzt, weshalb wir diese Flächen im Frühjahr 2020 in unseren Hühnerwald integriert und damit dessen Fläche erweitert haben. Für den nächsten Versuch wollten wir alles richtig machen und haben auf den anschließenden Äckern Schwarze Heide und Heidkoppel zwei neue Agroforstsysteme angelegt.
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Auf der Schwarzen Heide sollen zwei parallele Reihen von Pappeln mitten auf dem Acker den Wind aus der Fläche nehmen. Weil der meistens aus Westen und in trocken-heißen Sommern vor allem aus Osten weht, haben wir die Baumreihen hier, anders als im Hühnerwald, in Nord-Süd-Ausrichtung gepflanzt. Die Pappeln stehen hier in einem Abstand von knapp einem Meter zu einander und 1,80 m zur nächsten Reihe. Am Rand der Heidkoppel wurden ebenfalls in Nord-Süd-Richtung Pappeln und zusätzlich noch Weiden gepflanzt. Hier haben die Pappeln einen Abstand von 5 m zu einander. Dazwischen stehen die Weiden im Abstand von 50 cm zueinander und 1 m zur Pappel.
Im April 2021 konnten wir - dank unserer wunderbaren Kunden, die unsere kleine Crowdsourcing-Kampagne großzügig unterstützt haben - nochmal zwei Doppelreihen mit 675 Pappeln samt flankierendem Blühstreifen auf unserem großen Acker "Brandwiese" pflanzen. Dort kam 2022 noch eine Reihe Schiffsmastrobinien für einen wissenschaftlichen Feldversuch der Universität Münster hinzu. Auch auf dem "Storchfeld", einem großen Acker an der Heiligenthaler Straße, haben wir 2022 Bäume gepflanzt - 850 Stück. 2023 kam dann mit dem Acker Neuland nochmal Neuland hinzu: Drei Reihen Pappeln, bei denen die Streifen nur so breit sind wie die Arbeitsbreite unserer Maschinen... und wir haben immer noch Bock auf mehr!
Die Pappeln der Agroforstsysteme könnten später als Energieholz geerntet werden. Eine aus unserer Sicht sinnvollere Lösung kann es aber auch sein, sie nach der Ernte zu häckseln und als so genanntes fragmentiertes Zweigholz, kompostiert oder zu Pflanzenkohle pyrolysiert in den Ackerboden einzubringen. So ließe sich der im Holz gespeicherte Kohlenstoff aus der Luft für lange Zeit im Boden binden. Die Pappeln auf der Heidkoppel sollen durch gezieltes Hochentästen und durch den größeren Pflanzabstand zu Stammholz heranwachsen, das in etwa 20 Jahren dann z. B. zu Bau- oder Dämmmaterial verarbeitet werden kann. Auf der Heidkoppel übernehmen hauptsächlich die dicht gepflanzten Weiden den Windschutz. Die verschiedenen Weidensorten, darunter die wertvolle Sal-Weide (Salix caprea), dienen zudem den Bienen als wichtige Nahrungsquelle, da sie früh im Jahr blühen; auch viele seltene Schmetterlingsarten ernähren sich von der Weide und nutzen sie als Lebensraum für ihre Brut.
Mit den Pappeläckern, unseren Agroforstsystemen auf und an den Ackerflächen, möchten wir ein förderliches Mikroklima für unsere Ackerkulturen schaffen. So schützen die Bäume den Boden vor der Austrocknung durch Sonne und Wind, halten die Feuchtigkeit im Boden, verringern Erosion und holen Nährstoffe aus tieferen Erdschichten über ihr Laub wieder auf die Bodenoberfläche. Durch das Wachstum der Bäume und den Aufbau der Humusschicht wird CO2 aus der Atmosphäre in der oberirdischen Biomasse und im Boden gebunden; der Humus selbst erhöht die Bodenfruchtbarkeit, verringert die Verdunstung und bewirkt durch seine mikrobielle Aktivität eine optimale Nährstoffverfügbarkeit für die Pflanzen. Nicht zuletzt bieten die Bäume Vögeln Brutmöglichkeiten, und die Blühstreifen unter den Bäumen schaffen weiteren Lebensräume für Insekten und viele Wildtiere.
Für Heidkoppel und Schwarze Heide haben wir mal gerechnet: Für die dortigen Baumreihen »verbrauchen« wir insgesamt 0,3 ha der Ackerfläche; das entspricht einem Anteil von 2 %. 0,3 ha weniger Anbaufläche bedeuten jedoch nicht gleichzeitig entsprechend weniger Ertrag. Vielmehr erhoffen wir uns eine Kompensation durch die genannten positiven Effekte. So lassen sich im Idealfall Kosten für Beregnung, Düngung und Pflanzenschutz sparen, da die Agroforstsysteme unsere Flächen auf natürliche Weise resilient und zugleich leistungsfähig machen.
Agroforstsysteme auf Ackerflächen stellen uns vor eine nicht zu unterschätzende Herausforderung: Diese Form des Agroforstsystems ist hier rechtlich und förderrechtlich noch nicht anerkannt. Darum nutzen wir als Behelfslösung die Anmeldung der Baumreihen als Kurzumtriebsplantagen - auch wenn das den zahlreichen positiven Effekten von Agroforstsystemen nicht annähernd gerecht wird. Zudem entgehen uns die Flächenprämien auf dem Pflanzstreifen, da der Artikel 23 zu Agrarforstsystemen der EU-ELER-Verordnung Nr. 1305/2013 (Verordnung über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes) in Deutschland leider bisher nicht umgesetzt wurde. Dennoch sind wir von den ökologischen und wirtschaftlichen Vorteilen dieses Systems überzeugt. Darum wollen wir nicht länger auf politische Entscheidungen warten und mit gutem Beispiel vorangehen. Vielleicht können wir auf diese Weise Überzeugungsarbeit leisten und so den Bäumen auf dem Acker wieder einen Wert geben.
So erreichen Sie uns:
Hof Hartmann
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info@hof-hartmann-rettmer.de
Alle auf diesem Webauftritt abgebildeten Graffitis wurden angefertigt von Philipp Kabbe von wandgestalten.de.